Die jüdischen Feste und Feiertage
Kalender
Das jüdische Jahr beginnt im Monat Tschiri (etwa Ende September – Anfang Oktober) und richtet sich nach dem Mondumlauf.
Die jüdische Zeitrechnung beginnt nach der biblischen Tradition der Thora mit der Erschaffung der Welt. Man zählt dem gregorianischen Jahr 4000 hinzu und zieht 240 ab, d.h. im Jahre 2008 des gregorianischen Kalenders befinden wir uns im Jahr 5769 jüdischer Zeitrechnung.
Die Monate des jüdischen Jahres lauten: Tischri,Cheschwan, Kislew, Tevet, Schwevat, Adar, Adar2 ( in jüdischen Schaltjahren), Nissan, Ijjar Siwan, Tammus, Ab, Elut. Die Monate beginnen bei Neumond und haben 29 bis 30 Tage.
Im Jüdischen beginnt der Tag mit dem Abend.[1]
Der Schabbat oder Sabbat beginnt am Freitag mit Beginn der Dämmerung und endet am darauffolgenden Abend, an dem dann schon der Tag 1 beginnt.
In der jüdischen Welt werden die Tage 1 – 6 gezählt. Der Schabbat hat einen eigenen Namen. Der Tag davor wird zumeist nicht als der 6. Tag bezeichnet, sondern als „Vorabend“ oder als „Rüsttag“. Als „Vorabend“ oder „Rüsttag“ wird auch der Tag vor den Festen bezeichnet – er dient der Verrichtung der religionsgesetzlich am Schabbat oder den Festtagen selbst verbotenen Tätigkeiten und den Vorbereitungen auf das Fest. [2]
Der Schabbat oder Sabbat
Der Schabbat ist der Ruhetag der Woche. Er fällt auf den Sonnabend und wird meistens in der Familie oder mit Freunden verbracht. Die säkularen Juden nutzen ihren wöchentlichen Ruhetag für Freizeitaktivitäten jeglicher Art.
Die religiösen Juden widmen sich reichen Mahlzeiten im Kreise der Familie und natürlich viele Stunden den Gottesdiensten in der Synagoge. Religiöse Menschen reisen am Sabbat nicht, enthalten sich jeglicher Arbeit und benutzen keinerlei elektrische Geräte.
In vielen jüdischen Haushalten wird der Ruhetag kurz vor Sonnenuntergang am Freitagabend begrüßt, indem die Frau des Hauses Kerzen anzündet. Sie stehen in Sichtweite des Tisches, auf dem das Schabbatmahl angerichtet wird. Dem Abendessen am Schabbat geht der Kiddusch (der traditionelle Segensspruch über den Wein) voran, bei dem Kelche benutzt werden. Diese Kidduschbecher sind wertvolle Geschenke und Erbstücke; oftmals wird der Name des Empfängers und der Anlass, zu dem der Kelch überreicht wurde, in den Becher eingraviert.
Rosh Hashana
Rosh Hashana ist das jüdische Neujahrsfest. Das Fest hat einen biblischen Ursprung (Levitikus 23, 23-25): „ein heiliger Tag mit lautem Blasen des Shofar (Widderhorn) zum Gedächtnis“. Der Begriff Rosh Hashana – zu deutsch Jahresbeginn – ist rabbinisch. Auch die ehrfurchtsvollen Inhalte des Festes stammen aus rabbinischer Zeit: Reue und Buße, Vorbereitung auf den Tag des göttlichen Gerichts und Gebete für ein fruchtbares Jahr. Das zweitägige Fest fällt auf den 1. und 2. Tischri des jüdischen Kalenders, findet also gewöhnlich im September des gregorianischen Kalenders statt. Das Fest beginnt, wie alle jüdischen Festtage, am Abend des Vortages. Zu den wichtigsten Gebräuchen von Rosh Hashana gehören das Shofar-Blasen während eines ausgedehnten Gottesdienstes, der sich auf die Inhalte des Festes konzentriert, und reiche, häusliche Mahlzeiten, mit denen der Beginn des neuen Jahres gefeiert wird. Die Gebetsliturgie enthält als zusätzliche Einschaltungen in die gewöhnliche Liturgie Bußgebete.
Das Hallel, eine Sammlung von Segenssprüchen und Psalmliedern, wird zu Beginn eines jeden neuen Monats, an den drei Wallfahrtsfesten und anlässlich allgemeiner Errettung aus Not gesprochen.
Jom Kippur
Jom Kippur, acht Tage nach Rosh Hashana, ist der Versöhnungstag, der Tag des göttlichen Gerichts, der Buße und Umkehr (Lev. 23,27-32), an dem die Verfehlungen des einzelnen Menschen gesühnt werden, ist das höchste jüdische Fest. Es ist der einzige in der Bibel genannte Fastentag. Der Jom Kippur ist ein Tag, um über die eigenen Verfehlungen und Vergehen nachzudenken. Juden beten an diesem Tag um Vergebung der Sünden zwischen Menschen und Gott und bereuen fehlerhaftes Handeln und Vergehen im zwischenmenschlichen Bereich. An diesem Tag wird laut Überlieferung das Urteil über die Menschen von Gott gesprochen. Die wichtigsten religiösen Vorschriften des Jom Kippur – lange Bittgottesdienste und ein 25stündiges Fasten – werden selbst von vielen, eigentlich säkularisierten Menschen befolgt. Würde und feierlicher Ernst des Jom Kippur in der Öffentlichkeit sind stärker ausgeprägt als bei anderen Festen, Rosh Hashana eingeschlossen.
Das Land Israel kommt für 25 Stunden zu einem absoluten Stillstand. Alle Unterhaltungs- und Vergnügungsstätten sind geschlossen; Fernseh- und Radiosendungen werden eingestellt – sogar Nachrichten werden nicht gesendet; der öffentliche Verkehr ruht, die Flughäfen werden geschlossen und viele Straßenzüge abgesperrt. Der Ernst des Tages wird in Israel durch die Erinnerung an den Krieg von 1973, also an denÜberraschungsangriff Ägyptens und Syriens auf Israel am Jom Kippur zusätzlich unterstrichen.
Sukkot (oder Laubhüttenfest)
Fünf Tage nach Jom Kippur wird Sukkot gefeiert, das die Bibel als das „Fest der Laubhütten“ bezeichnet.[3] Sukkot ist eines der drei Feste die bis ins Jahr 70 n. Chr. mit großen Pilger- und Wallfahrten zum Jerusalemer Tempel gefeiert wurde und daher als die Wallfahrtsfeste bekannt sind. Mit dem Laubhüttenfest erinnern Juden sich an den Auszug aus Ägypten (13. Jh. v. Chr.) und danken für eine reiche Ernte.
In einigen israelischen Kibbutzim wird Sukkot als Chag Ha’asif (Erntefest) gefeiert. Hier stehen dann Themen wie das zweite Einbringen des Getreides und die Ernte der Herbstfrüchte, der Beginn des landwirtschaftlichen Jahres und der erste Regen im Mittelpunkt.
Während der fünf Tage zwischen Jom Kippur und Sukkot errichten Juden ihre Laubhütten, in denen man vorübergehend lebt und vor allem die täglichen Mahlzeiten einnimmt. Diese Laubhütten sind jenen Hütten nachgebildet, in denen die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten in der Wüste lebten.
Auch werden Palmwedel, Zitrusfrüchte (Etrogim), Myrthen- und Weidenzweige erworben, die für den Ritus der Festgebete an Sukkot als Schmuck unverzichtbar sind.
In Israel errichtet man Laubhütten auf Parkplätzen, Hausdächern, Rasenanlagen und öffentlichen Plätzen. Jede Militärbasis hat ihre Laubhütte. Einige Israelis verbringen das Fest und die folgenden sechs Tage ausschließlich in ihrer Laubhütte.
Shemini Atseret Simchat Thora
Die Woche nach dem Laubhüttenfest wird das Thorafreudenfest gefeiert und beendet somit diesen gesamten Festtagszyklus mit Shemini Atseret, der „heiligen Versammlung am achten Tage“ [4], die mit der Simchat Thora, dem Thorafreudenfest, verbunden wird. Die Feiern an Shemini Atseret/Simchat Thora konzentrieren sich auf die Thora – die Fünf Bücher Mose. Das Fest ist dafür bekannt, dass öffentlich mit den Thorarollen im Arm getanzt wird. An Simchat Thora werden Schluss und Anfang der Thora gelesen; damit kommt der Jahreszyklus der Thoralesungen zu einem Abschluss und wird sogleich wieder aufgenommen.
Nach Sonnenuntergang richten viele Gemeinden meist unter freiem Himmel weitere Festaktivitäten aus, die nicht mehr durch die rituellen Bestimmungen des Feiertages eingeschränkt werden.
Chanukka
Chanukka beginnt am 25. Kislew (gewöhnlich im Dezember) und erinnert an den Triumph jüdischer Truppen unter der Führung der Makkabäer über die griechischen Herrscher (164 v. Chr.), ein gewaltiger Sieg der kleinen jüdischen Nation gegen das mächtige hellenistische Königreich der Seleukiden und ein geistiger Sieg des jüdischen Glaubens über den Hellenismus.
Die Helligkeit des Festes leitet sich aus diesem geistigen Aspekt des Sieges und dem Wunder des Ölkrügleins ab. Nach der Überlieferung reichte geheiligtes Öl, dessen Menge nur genügt hätte, um den Leuchter im Tempel für einen Tag zu versorgen, bei der Wiedereinweihung des Tempels für acht Tage aus.
Chanukka wird während acht Tagen gefeiert. Zentrales Motiv dieser Festtage ist das Anzünden von Kerzen an jedem Abend – eine Kerze am ersten Abend, zwei am zweiten und so fort. Dies geschieht in Erinnerung an das erwähnte Wunder im Tempel.
Das Verteilen von Geschenken oder das Anzünden von Kerzen erinnert an die Gebräuche zum christlichen Weihnachtsfest, zumal Channukka fast zeitgleich gefeiert wird..
Purim
Purim, ein anderes rabbinisches Fest im Frühjahr, wird am 14. Adar begangen. Das Fest erinnert an die Errettung der bedrängten Juden im persischen Reich unter König Artaxerxes, von der uns das biblische Buch Esther erzählt. In diesem Buch geht es um die jüdische Minorität, die um ihrer andersartigen Bräuche willen verfolgt wurden. Es wird berichtet, dass der Perserkönig von seinem Minister Haman angestachelt wurde, alle Juden in seinem Reich umbringen zu lassen. Dies sollte an einem besonderen Tag, den er durch das Los (=Purim) bestimmte, geschehen. Esther, die jüdische Ehefrau des Königs, erfuhr rechtzeitig davon. Sie fastete drei Tage lang und hieß die jüdischen Bewohner der Hauptstadt Susa dasselbe zu tun. So fühlte sie sich gestärkt und wagte es, den König in dieser brisanten Angelegenheit umzustimmen, was gelang. Die Juden erhielten die Erlaubnis, sich an dem vom Los bestimmten Tag zu wehren und sich an ihren Feinden zu rächen.
Dieses Fest kompensiert Ernst und Würde der meisten anderen jüdischen Festvorschriften, indem es Ausgelassenheit und Freude gebietet.
Kinder (und Erwachsene) verkleiden sich mit bunten Kostümen. Die festliche Verlesung der Esther-Rolle in der Synagoge wird von allerlei Lärminstrumenten begleitet, die immer dann ertönen, wenn der Name des bösen Ministers Haman fällt. Orthodoxe Gläubige geben sich, in gesetzten Grenzen, einem Rausch der Ausgelassenheit hin und erfüllen eine genaue Liste allerlei Verpflichtungen: Almosengeben, Abend- und Morgenlesungen der Esther-Rolle, Austausch von Leckerbissen und Delikatessen sowie üppige Festessen.
Passahfest (Pessach)
Im Frühling beginnt am 15. Nissan das Passahfest (Pessach), das an den Auszug aus Ägypten (13. Jh. v. Chr.) und die Befreiung aus der Knechtschaft erinnert.
Freiheit ist der dominierende Gehalt des Passahfestes. Das Passahritual beginnt lange vor dem eigentlichen Fest, wenn Haushalte und Geschäfte beginnen, nach den Vorschriften der Thora (Ex. 12,15-20) jegliches Chametz (Gesäuertes) aus den Wohnungen und Räumlichkeiten zu entfernen. Der Tag vor dem Fest ist letzten vorbereitenden Maßnahmen gewidmet, darunter der zeremoniellen Verbrennung aller für das Fest unzulässigen Lebensmittel.
Am Vorabend des Passahfestes wird der Seder durchgeführt; zum Seder gehört die Lesung der Hagadah, einer ausführlichen Wiedererzählung der Knechtschaft und des Auszugs aus Ägypten. Die gesamte Familie kommt zum Seder zusammen, um sich an der Matza – dem ungesäuerten Brot – und anderen traditionellen Speisen zu erfreuen. Die Festvorschriften für den folgenden Tag entsprechen dann denen der übrigen Wallfahrtsfeste.
Ähnlich wie am Jom Kippur werden die traditionellen Festvorschriften und -gebräuche des Passahfestes in hohem Umfang auch von großen Teilen der nichtreligiösen Bevölkerung beachtet.
Shavuot
Shavuot, das letzte der drei Wallfahrtsfeste nach der Zählung vom Beginn des jüdischen Jahres, fällt in die siebte Woche nach dem Passahfest (6. Siwan). Das Fest markiert das Ende der Gersten- und den Beginn der Weizenernte. Die Thora (Lev. 23,22) beschreibt das Fest als Wochenfest (hebr. Shavout) – wegen der Wochenzählung zwischen Passah und Shavuot – und als den Tag, an dem neues Getreide und neue Früchte an die Priester im Tempel übergeben wurden.
Die religiös-historische Bedeutung von Shavout liegt in der Erinnerung an die Offenbarung am Berg Sinai und die Verkündigung der 10 Gebote. In der Bibel wird berichtet, dass Moses während der Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste am Berg Sinai die zehn bekannten und viele weitere Gebote von Gott erhielt. Auf der Anerkennung dieser Gebote durch die Israeliten beruht der Bund zwischen Gott und „seinem Volk“. Es hat die Verpflichtung übernommen, die göttlichen Gebote zu befolgen und sie in der Welt zu verbreiten. In diesem Sinne ist die Formulierung „auserwähltes Volk“ zu verstehen.
[1] Genesis 1,5
[2] Matth. 27,62/Lukas. 23,54
[3] Levitikus 23,24
[4] Lev. 23,36